
Sead Husic
Die Zeitenwende begann in Jugoslawien
Von Milošević zu Trump
Essay
Politik und Geschichte im BaltArt-Verlag, Band I
ISBN 978-3-9524559-6-8
Preise: 15 € / 20 CHF (plus allfällige Versandkosten)
1. Auflage 2025
BaltArt GmbH Switzerland, BaltArt-Verlag, Langenthal (Schweiz)
Deutsche Erstausgabe
Lektorat: Markus Roduner, Vilnius/Riga
Korrektorat: Arnd Mathias Schuppius, Husum
Buchgestaltung: Markus Roduner, Vilnius/Riga
Druck: TUKa, Kaunas
Alle Rechte vorbehalten
© BaltArt GmbH Switzerland, BaltArt-Verlag, Langenthal (Schweiz)
Das Buch
Pakt mit dem Unrecht – Dayton und wie der Westen seinen Niedergang einleitete
Der Friedensvertrag von Dayton im Jahr 1995 gilt vielen als diplomatischer Erfolg. Tatsächlich aber markiert er den Beginn eines fortschreitenden Verfalls des Rechts. In diesem Essay wird gezeigt, wie aus einem Abkommen, das einen schrecklichen Krieg beenden sollte, ein globales Modell für ethnische Teilung und dauerhafte Instabilität wurde.
Ausgehend von der nationalistischen Zerstörung Jugoslawiens, spannt der Autor Sead Husic den Bogen bis in die Gegenwart, zu einer Welt, in der Machtpolitik und Sozialdarwinismus das Recht verdrängen und autoritäre Politik vielerorts wieder salonfähig ist. Mit scharfem Blick, journalistischer Präzision und einer Fülle an Quellen legt er offen, warum Dayton kein isoliertes historisches Ereignis war, sondern eine Blaupause für den Bruch des Rechts durch die Politik des 21. Jahrhunderts.
Wer die Entwicklung in unserer Gegenwart hin zu einem neuen Faschismus verstehen will, muss einen Blick zurück auf die 1990er Jahre und den verheerenden Krieg in Bosnien-Herzegowina werfen.
Die autoritäre Wende, die heute weite Teile der westlichen Politiklandschaft prägt, kam nicht über Nacht. Ihren Ursprung hat sie im politischen Experimentierfeld in Bosnien, wo die Verwaltung von Ausnahmezuständen unter dem Mantel demokratischer Legitimation erprobt wurde.

Der Autor
Dr. Sead Husic, geboren 1974 in Traunstein, studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Osteuropawissenschaften in Duisburg und Berlin und promovierte an der Freien Universität Berlin. Nach einem Volontariat bei der Financial Times Deutschland arbeitete er als Inlandsredakteur bei der Ost-West-Wochzeitung Der Freitag. Er berichtete als freier Journalist aus dem ehemaligen Jugoslawien – unter anderem für die taz, die Berliner Zeitung und Le Monde diplomatique. Sein Romandebüt Gegen die Träume wurde von der taz als „brillantes Epos über das Schicksal der jugoslawischen Gastarbeiter“ gefeiert. Gefangen – Echo ist der erste Band seiner Lukiskes-Trilogie. Sead Husic lebt in Berlin.
Foto: Ieva Husic
Textauszug
1 Die Mär vom ethnischen Konflikt
Der Begriff «ethnischer Konflikt» ist ein Etikettenschwindel. Er reduziert komplexe politische und soziale Konflikte auf scheinbar unveränderliche Gruppenidentitäten und suggeriert, Gewalt sei eine natürliche Folge ethnischer Unterschiede. Doch diese Perspektive ist nicht nur verkürzt, sie ist auch heuchlerisch.
Wenn man die Logik des «ethnischen Konflikts» konsequent anwendet, müsste man den Zweiten Weltkrieg als solchen bezeichnen. Schliesslich beruhte die nationalsozialistische Ideologie auf
einer radikalen Rassenlehre, die «Germanen» gegen «Slawen», «Arier» gegen «Juden» in Stellung brachte. Hitlers Expansionspolitik wurde mit der angeblichen Bedrohung der «deutschen Volksgruppe» im Ausland gerechtfertigt, ein Argument, das frappierend an die Rhetorik serbischer Nationalisten in den 1990er-Jahren erinnert oder an Putins Propaganda, um die Ukraine anzugreifen.
Die systematische Vernichtung von Millionen Menschen durch die Nationalsozialisten, die Shoah und die Besatzungspolitik in Osteuropa folgten einer Logik ethnischer Exklusivität, die der
heutigen Definition eines ethnischen Konflikts entspricht. Doch niemand würde ernsthaft behaupten, der Zweite Weltkrieg sei primär ein ethnischer Konflikt gewesen. Warum?
Weil offensichtlich ist, dass es hier um mehr ging: um imperialistische Machtpolitik, um konkurrierende Wirtschaftssysteme, um ideologische Hegemonie. Genau diese Faktoren werden
jedoch regelmässig ignoriert, wenn heutige Kriege, wie jene im ehemaligen Jugoslawien, als «ethnisch» etikettiert werden. Der Unterschied liegt nicht in der Natur der Konflikte, sondern in ihrer Bewertung. Während der Zweite Weltkrieg als politisch-ideologischer Kampf zwischen Faschismus und Demokratie verstanden wird, werden Kriege in Afrika oder auf dem Balkan oft als Ausdruck 12«tribaler» oder «ethnischer» Spannungen exotisiert. Diese doppelte Moral entlarvt den Begriff des ethnischen Konflikts als westliches Deutungsmuster, das dazu dient, Gewalt im «globalen Süden» als irrational und unzivilisiert erscheinen zu lassen, während ähnliche
Dynamiken in Europa als hochpolitisch gelten. Die Konsequenz ist klar: Der Begriff «ethnischer Konflikt» taugt nicht als Erklärungsmuster. Er verschleiert die politischen und ökonomischen
Interessen hinter der Gewalt und normalisiert, was in Wahrheit in die Tat umgesetzt wird, sei es von Hitler, Milošević oder Putin.
Gewalt hat keine Ethnie. Sie hat Profiteure, die Interessen verfolgen. Und solange das ignoriert wird, zieht man die falschen Schlüsse aus diesen Kriegen.
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